21. Die Welt und die Zeit
hinter der Zeit
Sie hatte den CODE geknackt.
Es schien, als ob ihr ganzes Leben eine Flucht wäre.
Die Erinnerungen, schemenhaft, den Umrissen
rätselhafter Nebelgestalten ähnelnd, waren das Einzige, was ihr gehörte.
Sie waren ein Teil von ihr, ein ungeliebter Teil. Sie
mochte es nicht, ihn
anzuschauen, den ungeliebten fremden Teil. Sie mochte es
nicht, sich den
Erinnerungen zu stellen, der schreienden Stille zuzuhören.
Sie hatte versucht sie aus ihrem Leben zu verbannen.
Aber sie kamen immer wieder. Sie waren ihr einen
Schritt voraus,
als ob sie nur auf sie gewartet hätten.
Stolpersteine.
Jedes Mal, wenn sie versuchte einen großen Bogen um sie
zu machen, warteten
sie schon woanders auf sie. Als ob es ein Spiel wäre. Es war aber
keins.
Die Erinnerungen ließen sich nicht ausblenden.
Auch die
verbannten kamen wieder.
Immer wieder. Unerwartet.
Plötzlich. Überraschend.
Die
Zeugen einer Epoche, die zu Ende ging.
Dieses Mal sagte sie nicht JA, wie so oft.
Nicht, dass
sie NEIN nicht sagen wollte.
Sie war der Meinung, sie wollte es tun, aber da
gab es diese Blockade,
dieses Etwas in ihr, was stärker, als sie war.
Das Schlimmste war, dass dieses Etwas nicht greifbar
war. Es ließ sich nicht fassen, es war immer präsent und doch nicht sichtbar,
unerreichbar.
Es war, wie eine nie enden wollende Betäubung. Sie
lebte, gewissermaßen,
in einer Blase, in ihrer eigenen Welt und sie wusste
es nicht.
Bis sie dahinter kam.
Obwohl diese Blase, diese Betäubung viel Gutes an sich
hatte, die Entdeckung
machte sie traurig.
Erst jetzt begriff sie, wie einsam
sie war.
Einsam unter vielen. Sie wusste, dieses Gefühl der
Einsamkeit hatte
nichts mit dem Äußeren zu tun.
Dieses Gefühl war in ihr und nichts in der Welt wäre
imstande dies zu ändern.
Kein menschliches Wesen vermochte dies zu tun.
Auf der Flucht ist man immer allein.
Viel Zeit ist verstrichen, dachte sie. Dachten alle.
So stimmte das nicht. Alle haben sich geirrt. Sie haben gelernt, das Ticken
der Uhr zu fürchten.
Fast vergessen waren die Rhythmen.
Die Gesänge der nackten Bäume und die Frühlingsblumen,
das Rascheln des
Herbstes, der Schnee und der Raureif des Winters.
Alle haben etwas übersehen.
Sie hätten sich nicht mit all den Überflüssigen umgeben
sollen, mit dem scheinbar notwendigen Luxus. Nein, all das hätte nicht sein
müssen.
Es hat sie verblendet.
Es hat sie süchtig und ohnmächtig gemacht, während sie
sich für groß und
unbesiegbar hielten.
So war es nicht geplant, so war es nicht vorgesehen.
Das hat der Himmel nicht abgesegnet.
Und dennoch ist es geschehen.
Es gab so
viel, was eigentlich nicht sein dürfte. So viele Wiederholungen,
so viel verlorener Zeit, so viel vergessener Zeit.
So viel Zeit, von der sie nicht wusste, dass es sie
gab.
So viel Zeit, von der niemand wusste, dass es sie gab.
Zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart gibt es unsichtbare
Zeit.
Die Zeit hinter die Zeit. Dort werden alle Muster aufbewahrt, dort werden alle Fäden
gefärbt,
dort leuchten alle Schatten.
Nicht nur des Schicksals Hand bewegt
die Welten, nicht nur des Schicksals
Hand glättet die Wogen der Vergangenheit.
In jener Zeit hinter der Zeit werden
die Fäden gesponnen.
Unsichtbares!
Drei Nornen bewahren die Fäden, die
Zaubermächte weisen den Weg,
es geschieht, was geschehen
soll!
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
- alle Tage sind eins,
es gibt diesen einen Weg!
Dem Geheimnis der Zeit war sie oft ganz nah.
Oft hatte sie das Gefühl, der Schlüssel, der alles
ändern wird, ist zum Greifen nah, er berührt fast ihre Hand...
Doch etwas war in
Wege, etwas stand dazwischen.
Eine unsichtbare
Wand.
Sie ahnte nicht, wie dramatisch ihr Leben sich bald
ändern wird.
Seltsamerweise hielt sie sich an das, was sie
vergessen wollte,
wie an den letzten Strohhalm, fest. Sie war nicht die
einzige.
Andere taten es auch.
Aus Unwissenheit, aus Gewohnheit, aus Angst.
Mit der Macht der Illusionen und der Täuschung war sie
bestens vertraut.
Ihr System war darauf aufgebaut, sich dieser innewohnenden
Macht zu
bedienen. Sie betätigte einen unsichtbaren Knopf und augenblicklich war sie
dort, wo ihr nichts
passieren könnte.
Das war der einzige Ort, wo Erinnerungen keinen
Zutritt hatten.
Wenn es etwas gab, was sie ihr Zuhause nennen könnte,
dann war es das
Reich der
Träume und der Illusion. Dort kam sie immer wieder zurück.
Es war ihre Rettung und ihre Flucht. Es war ihr Reich.
Dort hatte sie das Sagen.
Dachte sie.
Die vergessenen Erinnerungen, an einem geheimen Ort gefesselt,
verfolgten
sie dennoch, bis sie es durchschaute, bis sie erkannte,
dass es einen Plan gibt. Es wiederholt sich, es folgt einem Muster, das immer
stärker und
unausweichbarer wird.
In dem Moment, in dem ihr das so deutlich, wie nie
zuvor bewusst wurde,
löste sich der Plan,
wie von Zauberhand, in der Luft auf. Die Muster verloren ihre Macht über sie.
Die lange Hand der Vergangenheit zog sich zurück.
Sie ließ ihre Drachen los.
Von Angesicht zur Angesicht stand sie vor ihnen und
löste die Ketten auf. In Wirklichkeit löste sie ihre eigenen Ketten.
Das war der Moment, in dem sie den CODE geknackt
hatte.
Im Augenblick der größten Klarheit gab es nicht mehr
zu entscheiden.
Es hat sich längst in ihr entschieden und es drängte
in sie Sichtbarkeit.
Ruhe war in ihr, Klarheit war in ihr.
Sie fürchtete sich nicht.
Die Drachen waren weg und sie sah den Schlüssel in
ihrer Hand.
Als ob er immer schön dort gewesen wäre.
Die Vergangenheit und die Zukunft,
das Gestern und das Heute - alle Tage werden eins!
Jenseits des
Sichtbaren, jenseits der Namen und Zahlen, jenseits der Jahresblätter gibt
es
einen unsichtbaren Eingang zu dem geheimen Garten.
Dort wirken die Zauberkräfte, dort
wachsen seltene Pflanzen, dort führt ein Blütenmeer zu den im Verborgenen wirkenden
Gefühlen. Dort in der eisigen
Winterkälte wird das Unsichtbare sichtbar.
Dort in der eisigen Winterkälte hören
die Bäume nicht auf zu singen.
Das Blatt dreht sich unaufhörlich,
nichts bleibt, wie es ist.
Das unsichtbare Band verbindet Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft. Es entzieht sich der Sichtbarkeit des Materiellen und vermag
dennoch das
unsichtbare sichtbar machen.
Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft sind
eins.
Immer ist Hier und Jetzt.
Grażyna Jansen
Möchtet ihr wissen, wohin das Türchen führt? Hier
ist der Schlüssel.
Ihr werdet zu meinen Gärten auf
Pinterest gelangen.
Wenn ihr euch dort gefällt, folgt mir einfach.
Ich freue mich auf Euch!
HINWEIS:
Aufgrund der neuen Datenschutzerklärung beachte bitte folgendes :
Dieser Blog ist mit Blogspot, einem Googleprodukt erstellt und wird
von Google gehostet.
Mit dem Abschicken des Kommentars erklärst Du Dich einverstanden,
dass Deine gemachten
Angaben zu dem Namen, Email, Homepage und die Nachricht
selbst durch diese Webseite
gespeichert und an Google-Server übermittelt
werden.
Abonnieren von Kommentaren:
Als Nutzer dieser Seite kannst du nach einer Anmeldung Kommentare
abonnieren. Du erhältst eine
Bestätigungsmail, um zu prüfen ob du der Inhaber
der angegebenen E-Mail-Adresse bist. Du kannst
diese Funktion jederzeit über
einen Link in den Info-Mails abbestellen.
Alle
Texte, Bilder und Designs auf diesen Seiten, wenn nicht anders gekennzeichnet
sind mein Eigentum.
Mit
Angabe der Quelle und den Link dürfen sie gerne geteilt und weiterempfohlen
werden.
Für die Inhalte der verlinkten Seiten
ist der jeweilige Anbieter der Seiten verantwortlich.